Selbstoptimierung? Macht Sommerpause!
Wenn dein innerer Schweinehund einen Personal Trainer braucht
Von der Idee, ein besserer Mensch zu werden – und warum es manchmal reicht, einfach ein ganz passabler zu sein.
Selbstoptimierung ist das neue schicke Schwarz. Wer heute noch ganz gewöhnlich und zufrieden vor sich hin lebt, ohne ein "5am-Morning-Routine-Journal", eiskalte Duschen und ein Hautpflegeprogramm mit 17 Schritten – der ist entweder verdächtig oder enlightened. Vielleicht sogar beides.
Aber müssen wir wirklich ständig besser, schneller, gesünder, glücklicher, durchtrainierter, reflektierter und am besten gleich noch erleuchteter werden? Oder dürfen wir auch einfach mal… sein?

Die To-do-Liste des modernen Menschen
Wer heute morgens aufwacht, muss sich erst mal selbst finden – idealerweise vor Sonnenaufgang. Dann gibt es Zitronenwasser (bio, lauwarm, mit Dankbarkeit), 20 Minuten Meditation, Journaling ("Was ist mein Warum?"), 90 Sekunden Eisbaden und mindestens 12.000 Schritte bis zum Frühstück. Danach steht "Biohacking", "Mindset-Arbeit" und "Schattenintegration" auf dem Plan. Irgendwann fragt man sich unweigerlich: Leb' ich noch – oder optimiere ich schon?
Der Körper als Projekt, die Seele als Start-up
Körper, Geist und Seele sind längst keine integrativen Teile eines erfüllten Lebens mehr, sondern ein Projektmanagement-Albtraum. Alles muss getrackt, verbessert, aufgewertet werden. Dein Schlaf ist nicht erholsam genug? App. Deine Atmung zu flach? Workshop. Dein inneres Kind zu laut? Coaching.
Das klingt alles ganz nobel – und ist manchmal auch richtig gut. Nur… wo hört Entwicklung auf und wo beginnt der Wahnsinn?
Die Zen-Weisheit aus der Kaffeeküche
"Wer ständig an sich arbeitet, hat irgendwann Hausverbot in seiner eigenen Seele."
Was ich damit sagen will: Selbstfürsorge ist gut. Selbstbestrafung im Namen der Selbstoptimierung nicht. Wenn du nur noch nach deinem vollen Potenzial lebst, verpasst du vielleicht die Schönheit deines halbfertigen Ichs.
Denn genau da, in deinem nicht durchgeplanten, manchmal faulen, nicht perfekten Selbst, wohnt oft der größte Frieden. Der Moment, wenn du merkst: Du bist nicht perfekt – und trotzdem ganz schön wunderbar.
Ein Hoch auf das Unoptimierte!
Deshalb schlage ich vor: Lasst uns mal kollektiv den Performance-Druck ausschlafen. Lasst uns "gut genug" feiern. Nicht immer das Beste geben, sondern manchmal einfach nur… da sein. Ohne Timer. Ohne Bio-Hacks. Ohne Leistungsnachweis.
Und wenn dich doch wieder das Optimierungs-Fieber packt: Mach's wie dein innerer Schweinehund. Leg dich erst mal hin, denk drüber nach – und dann vielleicht… auch nicht.